Kulturrauminitiative im Kulturauschuss

KulturtauschEs ist viel passiert seit der Zukunftswerkstatt im Februar in Sachen Kulturrauminitiative. Zum einen haben wir  einen großen Schritt was die interne Stärkung der Struktur angeht, getan. Denn viele der Formate, die wir entwickelten, drehten sich um uns und darum, wie wir besser zusammenarbeiten. Wir haben diese Ideen und Konzepte in das Projekt “Kulturtausch” gegossen und es der Kulturstiftung des Bundes vorgelegt: Sie finden unseren Ansatz, neue Wege der Zusammenarbeit und kooperative Formate zu entwickeln, spitze. Ab dem 1.1.16 gehts los!  Alle Pläne werden euch im Februar bei unserem ersten Kulturcamp, ähnlich der Zukunftswerkstatt im Februar, präsentiert – und natürlich ist dies auch der Startschuss um eure Ideen, Wünsche, Probleme zu diskutieren und damit das Projekt mit Leben zu erfüllen.

Aber auch in Sachen politische Interessensvertretung sind wir ein gutes Stück voran gekommen. Nachem wir im Sommer unsere Forderungen konkretisiert haben, nutzten wir den Herbst, um zu schauen, wo und wie wir sie am besten platzieren. Tatsächlich waren wir dann im November bei der Sitzung der Kulturausschusses und stellte die Interessensvertretung und unser Vorhaben vor. Prompt hatten wir auch schon die ersten Fans im Kulturausschuss: “Ihr seid ein Gewinn für Erfurt“, sagt Alexander Thumfart (Grüne). Die TLZ berichtete im Nachhinein:  “Einen überzeugenden Auftritt legten mehrere junge Leute auf der jüngsten Sitzung des Kulturausschusses hin: Vertreter der Kulturrauminitiative stellten sich und ihren Blic2015_11_25_Erfurter Kulturrauminitiative stellte sich vork auf die hiesige Kulturlandschaft vor.” Trotz der Vorschusslorbeeren ist uns eines klar: Damit ist nur ein erster Schritt getan. Denn nun sind zwar die Forderungen bekannt, müssen aber nacheinander realisiert werden. Dazu entgegnete der Vorsitzende des Kulurausschusses, Wolfgang Beese: “Ihr müsst uns hinreichend auf die Füße treten.” Machen wir – versprochen! Um Wege zu finden, die Forderungen umzusetzen, ist es aber zwingend notwendig, einen Diskurs darüber zu initieren und darüber zu sprechen, warum Änderungen notwendig sind und wie dies am besten geschieht. Dafür arbeiten wir gerade an Fragen, die wir in den Stadtrat in der ersten Sitzung 2016 einbringen wollen. Hier erhoffen wir uns genügend Informationen zu sammeln und vielleicht den ein oder anderen Schlagabtausch anzuzetteln.

Hier sind die Forderungen, für alle, die sie bisher noch nicht lesen konnten. Ganz am Ende findet ihr auch das strategische Kulturkonzept, auf das wir uns berufen.

Stay tuned!

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Wir sind:

Die Kulturrauminitiative Erfurt versteht sich als offenes, parteilich unabhängiges Bündnis von Initiativen, Gruppen, Vereinen und Privatpersonen aus Soziokultur und Zivilgesellschaft. Das Netzwerk pflegt eine tolerante, demokratische, partnerschaftliche und faire Zusammenarbeit intern und tritt extern als Sprachrohr auf, um die Situation ihrer Akteure zu verbessern und auf ihren Bedarf in Verwaltung, Politik sowie in der Öffentlichkeit aufmerksam zu machen. Insbesondere setzen wir uns für den Erhalt und die Erschließung Erfurter Kultur- und Freiräume ein.

Konkret streben wir eine nachhaltige, bürgerorientierte Jugend-, Kultur-, Sozial- und Stadtentwicklungspolitik an, die offene, kreative Freiräume ermöglicht und Menschen in die Lage versetzt, sich in ihrem Lebensumfeld nach ihrem eigenen Willen zu verwirklichen und zu engagieren.

Warum erfurt uns braucht!

Mit ihrem (überwiegend) ehrenamtlichen Engagement stemmen die Künstler und Kulturakteure einen Großteil des kulturellen Programms der Stadt jenseits von Hochkultur. Bereits seit über 10 Jahren wird durch Richard Florida und anderen führenden Wirtschaftswissenschaftlern intensiv darauf hingewiesen, wie wichtig es für die Attraktivität einer Stadt ist, ein kulturfreundliches Klima herzustellen und die Rahmenbedingungen für Kultur- und Kreativschaffende zu verbessern.

Die Erfurter Kulturschaffenden sind oder werden bald zum Standortvorteil und sorgen dafür, dass sich neue Bürger und Firmen hier ansiedeln. Das Kulturkonzept Erfurts unterstreicht dies, wenn darin steht:

„Diese strategischen Überlegungen der Landeshauptstadt Erfurt sollen zudem in eine aktive Ansiedlungspolitik mit einfließen, in deren Rahmen verstärkt Produktionsräume für Künstler, Kreativunternehmen und Medienschaffende zur Verfügung gestellt werden, zum Beispiel durch Nutzung von Zwischennutzungskonzepten“[1].

Dies wird – unserer Erfahrung nach – nicht ausreichend umgesetzt. Leider verschenkt Erfurt seine Ressourcen und Möglichkeiten bisher. Wir bemerken, dass viele unserer (jungen) kreativen Freunde, Kollegen und Bekannten z.B. nach Leipzig, Halle und Berlin abwandern, wo sie bessere Rahmenbedingungen vorfinden. Die Kulturrauminitiative will sich dafür einsetzen, dass diese Rahmenbedingungen auch in Erfurt geschaffen werden. Erfurt soll ein Anziehungspunkt für neue und ein attraktiver Arbeitsort für hiesige Kulturschaffende werden.

Unsere Forderungen

Wir fordern die Umsetzung des Kulturkonzepts. Kultur muss endlich als Querschnittsthema in der Stadtverwaltung [2] verstanden und „als ressortübergreifendes Handlungsfeld etabliert“[3] werden, um „ein kulturfreundliches Klima innerhalb der Stadtverwaltung und ihrer Mitarbeiter zu schaffen“[4].

Insbesondere fordern wir…

  1.  einen selbstverwalteten, städtisch finanzierten Aktionsfonds für Kultur- und Kreativakteure (siehe Projekt „100.000€“ Job aus Leipzig).
  2. die zeitnahe Überarbeitung der Kulturförderrichtlinie in Absprache mit denen, die es betrifft: den Kulturschaffenden. Darin soll enthalten sein:
    •  häufigere Antragsfristen
    • Weniger als 20 % Eigenmittel bei beantragten Kleinbeträgen bis 500€
    • Eigenleistung als Eigenmittel bei beantragten Kleinbeträgen bis 500€
  3. Budget für den Kulturlotsen, der darüber frei verfügen kann (z.B. für Feuerwehrtopf oder Referenten zu wichtigen Themen für Kulturschaffende).
  4. den Erhalt und die Erschließung von Raum für Kunst, Soziokultur und Kreativwirtschaft[5] . Die Stadtverwaltung soll aktiv bei der Raumfindung unterstützen[6] und deren direkte Aufnahme in ein Stadtplanungskonzept[7], langfristige Verträge, die Planungssicherheit geben. Wir fordern eine geeignete Übersicht aller verfügbaren, städtischen Immobilien.
  5. Vor Veräußerungen von städtischen Immobilien soll das an ein Nutzungskonzept gebunden werden, wie im Kulturkonzept vorgesehen: „Bei geeigneten Objekten ist in der Ausschreibung zum Verkauf städtischer Immobilien eine mögliche kulturelle Nutzung einzubeziehen.“ (ebd. S. VII).
  6. Wir fordern ein Mitspracherecht für die Festlegung der jeweiligen Eignung.
  7. Die Stadtverwaltung soll städtische Flächen für temporäre, kulturelle Experimente zur Verfügung stellen[8].
  8. Wir fordern die Öffnung öffentlich finanzierter und städtischer Gebäude für soziokulturelle Projekte, wie z.B. das Theater oder den Kaisersaal. Diese sollen ungebunden an die städtische Tarifordnung niedrigschwellig und bezahlbar regelmäßig an Kulturakteure vergeben werden.

Was wir tun, damit es gelingt

Unsere Idee einer Interessensgemeinschaft, die gemeinsam agiert, versucht Ressourcen aktiv zu teilen und sich gegenseitig zu unterstützen, findet die Bundeskulturstiftung ausgezeichnet. Sie stellt für unser Modell-Projekt „Kulturtausch“, in dem es darum geht, ein solidarisches Interessensnetzwerk in Erfurt aufzubauen und neue Ansätze und Formate der Kooperation untereinander zu erproben, Fördermittel für die nächsten drei Jahre zur Verfügung. Damit haben wir eigenständig genug Ressourcen akquiriert, um eine koordinierende Stelle zu schaffen, die sich um den Aufbau einer nachhaltigen Struktur kümmert und können außerdem Maßnahmen (Qualifizierung, Empowerment & Austausch) einleiten, die notwendig für die interne Stärkung der freien Kulturszene sind.


[1] Stadtverwaltung Erfurt (2012): Strategisches Kulturkonzept der Landeshauptstadt Erfurt ,S. VIII .

[2] Ebd. S. VIII.

[3] Siehe: ebd., S. II (2. Leitlinie).

[4] Ebd. S. IX.

[5] Die Landeshauptstadt Erfurt bekennt sich zur Entwicklung neuer und zum Ausbau vorhandener Kulturräume. Diese sollen nicht nur bestehende Angebote ergänzen, sondern neue Initiativen und künstlerische Projekte ermöglichen und unterstützen“ (ebd. S. VI).

[6] Es bedarf daher einer strategischen Gesamtkonzeption städtischer Veranstaltungsräume und -plätze. Hierfür sollen zunächst in einer Bestandsaufnahme die vorhandenen Räume erfasst werden. Leerstände sind aufzuzeigen, Trägerschaft zu klären, Zwischennutzungsmodelle zu entwickeln und die vorhandenen Förderkonzepte zu überprüfen. (ebd. S. VI- V II).

[7] siehe das angedachte Entwicklungskonzept für Kulturräume: „Die Ergebnisse dieser Evaluation [von vorhandenen kulturellen Initiativen und Kulturräumen, Anm. d. A.] fließen in ein Entwicklungskonzept für Kulturräume der Landeshauptstadt Erfurt ein. Dieses gibt nicht nur Auskunft über den vorhandenen Bestand und Maßnahmen zur Erhaltung vorhandener Kulturräume. Es soll auch Entwicklungspotenziale, Förder- und Erschließungskonzepte für neue Kultur- und künstlerische Produktionsräume aufzeigen und beinhalten. (ebd. S. VII).

[8] “Für solche Entwicklungen und Experimente werden geeignete Räume, wie Schauspielhaus, Heizwerk o. ä. zur Verfügung gestellt.“ Ebd., S. III, 10. Leitlinie.

Mehr Infos:

Forderungen der Kulturraumini

Strategisches Kulturkonzept der Stadt Erfurt

  • Kulturausschuss
  • Kulturrauminitiative; Kulturraum; Erfurt; Vernetzung; Kulturtausch; Interessensvertretung